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23
Jan
2019

Geflüchtete und ihre Arbeitsmarktintegration: Wo stehen wir?

Großer Andrang herrschte heute bei der Jobbörse der Bundesregierung in der Gösserhalle in Wien. Mehr als 80 Kolleginnen und Kollegen organisierten Bewerbungsgespräche zwischen etwa 40 großen Unternehmen und rund 1.700 geflüchteten Jobsuchenden. Grund einen Blick auf ein paar österreichweite, aktuelle Daten zum Erfolg der Arbeitsmarktintegration von geflüchtete Personen zu werfen.

Ende Dezember 2018 waren beim AMS 32.346 “anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte”, die noch keine österreichischen Staatsbürger sind, als arbeitslos oder in Schulung befindlich gemeldet. Das heißt aber, dass manche dieser Personen möglicherweise schon viele Jahre bei uns sind und etwa aus Russland oder den Balkanländern gekommen sind. Tatsächlich aber sind in der aktuellen Diskussion, wenn aber “die Flüchtlinge” gesprochen wird, zumeist jene Menschen gemeint, die seit 2015 meist aus den Ländern des Mittleren Ostens bei uns angekommen sind. Deshalb beleuchten die folgenden Zahlen auch diese Personengruppe.

Weil sich aber im vergangenen Jahr durchschnittlich noch immer pro Monat etwa 800 geflüchtete Personen nach positivem Abschluss ihres Asylverfahrens neu beim AMS zur Arbeitssuche anmelden und sich somit ständig die Grundgesamtheit ändert, war es sinnvoll, konkrete Gruppen zu definieren, um etwa Aussagen darüber treffen zu können, wie lange es zum Beispiel dauert, bis geflohene Menschen bei uns ihren ersten Job aufnehmen, oder wie hoch der Anteil derer ist, die nach einer bestimmten Zeit in Österreich tatsächlich arbeiten. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, datentechnisch einmal alle jene Personen zu kennzeichnen, die im Jahr 2015 den Abschluss ihres Asylverfahrens hatten und sich 2015 oder in der ersten Jahreshälfte 2016 zum ersten Mal beim AMS meldeten. Diese “Kontrollgruppe 1” umfasst rund 9.500 Personen. Als “Kontrollgruppe 2” definierten wir jene Menschen, die ihren Aufenthaltsstatus erst im Jahr 2016 erhielten und sich im Zeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 erstmals beim AMS meldeten. Also gleiche Definition wie bei “Kontrollgruppe 1” nur ein Jahr später. Diese Gruppe ist größer, es sind dies rund 11.500 Personen. Und beide Kontrollgruppen beobachten wir seither immer genau zum jeweiligen Monatsletzten, seien sie in AMS-Vormerkung, unselbstständig oder selbstständig (nicht bloß geringfügig) beschäftigt oder Personen in einer arbeitsmarktfernen Position (in Karenz, krank, Studium, unbekannt).

Ende Dezember 2018

Ende Dezember 2018 standen 37,2% der Personen aus “Kontrollgruppe 1” in Beschäftigung und 31,2% aus “Kontrollgruppe 2”.

Kontrollgruppe 1

Kontrollgruppe 2

Beide Grafiken zeigen im Zeitverlauf, dass der Anstieg der gemessenen Werte im Winter deutlich langsamer erfolgte bzw. im Dezember 2018 sogar um mehr als ein Prozent sank. Der Grund dafür ist, dass diese Art der “Integrationserfolgsmessung” relativ streng ist. Denn als “erfolgreich” gelten hier nur jene Personen, die am jeweiligen Monatsletzten tatsächlich in Beschäftigung standen. Das heißt, dass Personen, die zwar bereits gearbeitet haben, aber zu einem späteren Stichtag wieder arbeitslos sind, nicht mitgezählt werden. Dieser Umstand drückt die “Winterzahlen”, denn viele der beobachteten Personen finden ihre Jobs etwa in der Baubranche, in der Landwirtschaft oder im Tourismus, also in Branchen mit Zeiten saisonaler Arbeitslosigkeit. Es ist also damit zu rechnen, dass “Kontrollgruppe 1” schon im Laufe des kommenden Frühlings den Wert von 40% erreichen wird.

Um ein Gefühl zu bekommen, wie viele der Personen schon mal einige Zeit gearbeitet haben, sei aus der “Kontrollgruppe 1″ (Dez 2018: 37,2%) noch der Anteil derer genannt, die am Stichtag oder irgendwann im Beobachtungszeitraum davor bereits einen Job hatten, und zwar nicht bloß ganz kurzfristig, sondern, etwas nachhaltiger gemessen, zusammenhängend zumindest mehr als zwei Monate (exakt mehr als 62 Tage) lang. Hier lag der Wert nämlich Ende Dezember bei 50,1%. (Korrekturhinweis: Hier stand in der 1. Version des Artikels mit 49,9% noch der Ende November-Wert, Sorry).

Die Beschäftigungsstatistik

Abschließend sei hier auch noch eine dritte Methode zur Beobachtung des Integrationserfolges der zu uns Geflüchteten vorgestellt. Wir im AMS können systembedingt ja nur die Arbeitsmarktintegration jener Personen beurteilen, die sich auch irgendwann einmal beim AMS gemeldet haben. Denn nur von jenen Personen haben wir Daten. Integration am Arbeitsmarkt erfolgt aber natürlich auch außerhalb des AMS. Es gibt durchaus Schutzberechtigte, die ohne unsere Hilfe einen Job finden, etwa unterstützt durch die eigene Community oder durch die noch immer unzähligen inländischen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Hier lohnt ein Blick in die österreichische Beschäftigungsstatistik: Ende Dezember 2018 weist der Hauptverband der Sozialversicherungsträger 16.851 unselbstständig Beschäftigte aus Syrien und Afghanistan aus. Dies ist ein Plus von 5.145 Personen bzw. 30,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nun speichert die Sozialversicherung zwar keine Daten zum Aufenthaltstitel, und unter den Gezählten sind gewiss nicht nur geflüchtete Menschen, sondern auch solche mit einem anderen Aufenthaltstitel, jedoch ergab ein Datenquercheck, dass deutlich mehr als 90 Prozent der dort gezählten Beschäftigten als Asylsuchende zu uns gekommen sind.

Es ist somit eine erfreuliche Tatsache, dass neben den Arbeitsaufnahmen mithilfe des AMS auch eine nicht unbeträchtliche Zahl anderer Menschen aus diesen Ländern bereits einen Job in Österreich gefunden hat.

PS: Ein Medienbericht von heute Mittag zur Jobbörse — die Besucherzahlen sind nachmittags noch deutlich gestiegen — findet sich hier.

Viel Antrang bei der Jobbörse am 23.1.2019

Headerfoto: (c) AMS/Fotostudio B&G